Sonntag, 19. Juni 2011

Energiewende – ist sie realistisch?

Technik kann versagen. Doch auch der Mensch ist immer wieder Verursacher größerer und kleinerer Katastrophen. So steht inzwischen Fukushima als Synonym einer zusammenhängenden Katastrophenabfolge von Naturereignis, technischem Versagen und menschlicher Unzulänglichkeit. Die Welt wurde durch das Ereignis aufgeschreckt, der Wille zur Energiewende bekundet. Doch wie kann eine Umsetzung aussehen?
Windkraftanlagen auf Usedom 2011

Als erstes stellt sich die Frage, ist eine politische Energiewende, sofern sie von Vertretern der Politik geäußert wurde, überhaupt erst zu nehmen? Schon bei dieser Frage bröckelt die Überzeugung, dass sich etwas ändern könnte. Politik und Politiker sind den Einflusssphären von Wirtschaft und Unternehmensverbänden ausgesetzt – dem Lobbyismus und deren Vertretern. Lobbyismus steht in Deutschland aber auch anderswo in der Welt „für die Einflussnahme von Interessenvertretungen auf die Entscheidungen von Parlament und Regierung.“(1) So ist es zu verstehen, dass Energieunternehmen, die Strom aus Atomreaktoren produzieren, Widerstand gegen die Abschaffung oder Abbau von Atomkraftanlagen leisten, weil dies mit Gewinnschmälerung und zusätzlichen Kosten für Neuanlagen und Infrastruktur verbunden ist.

Nicht verwunderlich ist es, dass die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) zu dem Schluss kam: „Nach der Atomkatastrophe von Fukushima hat Japan nicht angemessen reagiert.“(2) Was immer der Grund sein mag, ob menschliches Versagen oder Interessenvertretung, es ist zum Nachteil der gesamten Gesellschaft, vor allem der Menschen in Japan. Doch Verstrahlungen von Luft und Wasser machen nicht an Staatsgrenzen halt. Die Auswirkungen sind zeitverzögert in entfernten Regionen spürbar.

Schlechte oder zurückgehaltene Informationen bringen Menschen in Gefahr und vergrößern den Schaden auch für die Wirtschaft. So scheint der Vorsitzende der VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt Prof. Hermann-Josef Wagner durchaus recht zu haben, wenn er sich dahingehend äußert: "Bei der Flexibilisierung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für neue Kraftwerke und Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien geht es nicht darum, Bürgerrechte zu beschränken. Vielmehr müssen effektivere und effizientere Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung entwickelt und angewendet werden, um Genehmigungs- und Einspruchsverfahren schneller durchzuführen.“(3)

Es ist die Frage, darf Wirtschaft, speziell die heutige Energiewirtschaft über der Gesellschaft und Lebensgrundlagen des Menschen stehen oder ist sie selber als ein Gefahrenpotential zu betrachten. Nahrung – dies sollte unstrittig sein, ist die elementarste Grundlage des Menschen, auf die nicht verzichtet werden kann. Wenn Strahlung und Luftverschmutzung sie ungenießbar machen, ist dies lebensbedrohlich. Anders bei Wirtschaftsgütern. Auf die meisten könnte der Mensch mit großen Entbehrungen verzichten, jedoch ohne seine Existenz zu verlieren.

Notwendig ist nicht nur eine Energiewende zu ungefährlicheren Technologien, sondern auch ein Prioritätenwechsel in der Bewertung von Mensch und Wirtschaft.

1.         Lobby [Internet]. [zitiert 2011 Juni 19];Available from: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/11729/lobby-v4.html
2.         UN-Bericht: Atomenergiebehörde rügt Japan | tagesschau.de [Internet]. [zitiert 2011 Juni 19];Available from: http://www.tagesschau.de/ausland/fukushima524.html
3.         Energiewende: VDI fordert beschleunigte Genehmigungsverfahren | VDI Verein Deutscher Ingenieure | Presseportal.de [Internet]. [zitiert 2011 Juni 19];Available from: http://www.presseportal.de/meldung/2057937

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